Sendung am 03. Juni
In unserer heutigen Sendung hatten wir die Bildungsnachrichten und ein kurzes Gespräch über den bevorstehenden Bildungsstreik in Tübingen.
Bildungsnachrichten:
Eltern müssen zahlen: Studiengebühren und Semesterbeitrag zusätzlich zum Unterhalt
Mit der Einführung von Studiengebühren in verschiedenen Bundesländern ergab sich die Frage, ob Eltern diese zusätzlich zum ansonsten für Studierende festgelegten Unterhalt leisten müssen oder nicht. Das Oberlandesgericht Koblenz hat nun entschieden, dass Eltern die Gebühren zusätzlich leisten müssen, sofern sie finanziell dazu in der Lage sind.
In einem jetzt erst bekannt gewordenen Urteil vom 23.12.2008 wurde quasi nebenbei entschieden, dass Eltern die Studiengebühren an einer staatlichen Hochschule zusätzlich zum ansonsten notwendigen Unterhalt zu leisten haben. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Studierende vor der Zahlung der Gebühr die Eltern dazu auffordert, diesen Betrag zu übernehmen. Weiterhin gilt natürlich auch, dass die Eltern bzw. ein Elternteil selbst finanziell ausreichend leistungsfähig sind.
Interessant ist noch, dass es nicht nur um die Studiengebühren, sondern auch den Semesterbeitrag und den Verwaltungskostenbeitrag ging. Alle diese Kosten zusammen müssen von den Eltern zusätzlich getragen werden.
Entschieden hat darüber das Oberlandesgericht Koblenz, also ein Gericht in einem Bundesland, in dem selbst es keine allgemeine Studiengebühren gibt. Die Klägerin hat jedoch ihr Studium in Baden-Württemberg angetreten, wo es nicht nur den Semesterbeitrag für das Studentenwerk, sondern auch Studiengebühren und einen Verwaltungskostenbeitrag gibt.
Es bleibt noch anzumerken, dass es sich beim Richterspruch des Oberlandesgerichts noch nicht um eine höchstrichterliche Urteil, wie z.B. des Bundesverwaltungs- oder des Bundesverfassungsgerichts handelt. Damit ist der Urteilsspruch ist für andere Gerichte nicht verbindlich. Andere Gerichte könnten auch zu anderen Urteilen kommen. Der vorliegende Urteilsspruch wird aber anderen Gerichten zumindest als Orientierung dienen.
Polizeistaat Berlin?
Repression gegen Bildungsaktivistinnen und Aktivisten unter Verletzung der Versammlungsfreiheit und weiterer demokratischer Grundrechte
Schon vor zweieinhalb Wochen kam es in Berlin zu einem massiven Eingriff der Polizei in die demokratischen Grundrechte von Bildungsaktivisten.
Die Berliner Polizei stürmte und umstellte ein Café in Kreuzberg, um ein Pressegespräch zu internationalen Studierendenprotesten und zum Bildungsstreik 2009 zu verhindern.
Für diese Aktion der Polizei gab keinerlei Anlass. Die anwesenden Referentinnen und Referenten, bei denen es sich um Studierende aus Spanien handelte, als auch Gäste und Journalisten wurden über Stunden und unter Missachtung ihrer Grundrechte festgehalten.
Sie wurden zunächst abgetastet und in den Einsatzfahrzeugen festgehalten und verhört. Die freie Ausübung der Pressefreiheit wurde ebenfalls verhindert: Einem Pressefotograph wurde beispielsweise unter Androhung der Beschlagnahme seiner Ausrüstung das Photographieren verboten.
Ebenfalls wurde die Versammlungsfreiheit von Menschen in geschlossenen Räumen verletzt, die nach dem Grundgesetz nicht über das Versammlungsrecht geregelt wird. Trotzdem wurden die Aktivisten und Besucher der Veranstaltung in Kreuzberg unter dem Vorwand der Durchführung einer „nicht angemeldeten Versammlung“ in Gewahrsam genommen.
Nach einer Pressemitteilung der Berliner Polizei wurden gegen die Verhafteten jetzt sogar Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet.
Ein ähnlich heftiger Fall der Freiheitsberaubung wurde inzwischen auch vom Karneval der Kulturen in Berlin gemeldet. Auch hier wurde eine Gruppe grundlos festgehalten.
Solidarität des UStA der PH Freiburg mit Hausbesetzern
Der UStA der PH Freiburg solidarisiert sich mit den ehemaligen Nutzern der „Freien Antonia“ und kritisiert die Polizeieinsätze bei der Räumung und der Demonstration am Tag danach. Wir zitieren aus der Pressemitteilung des UStA an der PH Freiburg:
Die Mieten in Freiburg steigen und steigen. Im Vergleich zum Lohnniveau sind es die höchsten in der ganzen Bundesrepublik. Trotzdem gibt es auch in Freiburg zahlreiche leerstehende Häuser. So auch das am Freitag, dem 15. Mai besetzte Haus in der Kirchstraße 16. Das ehemalige Altenheim stand seit zwei Jahren leer.
„Wir begrüßen diese ‚Befreiungsaktion‘ und empfinden sie als legitime Methode zur Schaffung von günstigem Wohnraum,“ bekundet Sabrina, eine Studentin an der PH Freiburg, die aus Angst vor Repressalien mit vollem Namen nicht genannt werden möchte.
[…]
In den wenigen Tagen der Besetzung kam wieder Leben in das Haus. Es wurde ein Umsonst-, ein Infoladen und ein Cafe eingerichtet. Zusätzlich wurden Filme gezeigt, Diskussionsrunden veranstaltet und der Kontakt zu den Anwohnerinnen und Anwohnern gesucht, die von architektonisch und sozial als unpassend empfundenen Luxusneubauten in ihrem Wohnviertel zu berichten wussten.
[…]
„Dass der Eigentümer des ungenutzten Gebäudes, anstatt den Kontakt zu den Hausbesetzern zu suchen, sofort Anzeige erstattete, ist für uns unverständlich,“ erklärt UStA-Vorstand Fabian Kienert.
„Der daraus resultierende Polizeieinsatz war völlig übertrieben und dient scheinbar dazu, die friedlichen Besetzerinnen und Besetzer zu kriminalisieren.“Nicht anders ist das Vorgehen gegen die Demonstration am Folgetag zu werten:
„Wahllos prügelten die Polizisten in die Menge. Mehrere Verletzte mussten im Krankenhaus behandelt werden.“ schildert Sabrina die Vorkommnisse.
„Die Polizei sollte aufhören legitimen Protest, gegen soziale Ungleichheit, zu kriminalisieren und sich bei Demonstrationen auf das Regeln des Verkehrs beschränken.“ fordert Matthias Schweizer, ehemaliger UStA-Vorstand und Sprecher des Referats für Politik- und Meinungsfreiheit.“
Angriff auf Grundrechte an den Unis: Krankheitssymptome müssen Privatsache bleiben!
Verschiedene Studierendenorganisationen und linke Parteien haben die Praxis an manchen Universitäten kritisiert, Krankheitsdaten über Ihre Studierenden einzuholen, die sie überhaupt nichts angehen.
Konkret geht es um den Umgang mit Krankmeldungen bei Prüfungen:
An manchen Universitäten hat sich eine Praxis etabliert, die ärztliche Krankschreibungen als Entschuldigung für das Fehlen bei einer Prüfung nicht mehr anerkennen. Die Universitäten verlangen nun vielmehr detaillierte Auskunft über die Krankheit, damit das Fernbleiben von der Prüfung entschuldigt werden kann.
Damit den Studierenden kein Nachteil entsteht, müssen sie auf ein elementares Grundrecht verzichten, denn Sie müssen die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt von der Schweigepflicht entbinden. Davon abgesehen ist völlig ungeklärt, ob diese hochsensiblen Daten von Universitäten überhaupt adäquat und sicher verwahrt werden können.
Die Daten sind von größtem Interesse für Konzerne z.B. der Versicherungs- und Gesundheitsbranche. Die Datenskandale der jüngsten Vergangenheit in großen deutschen Unternehmen, wie bei der Bahn und bei Telekom haben gezeigt, dass es keine Datensicherheit in Großeinrichtungen und Großbetrieben gibt.
Studierendenorganisationen wollen dafür kämpfen, dass es bei der üblichen Rechtslage bleibt: Für die Krankmeldung bei einer Prüfung muss ein ärztliches Attest ausreichen.
Das ist jetzt unser Haus
Bis zuletzt drohte der LU15 die Räumung. Nun ist es aber damit vorbei.
Vor wenigen Wochen unterzeichneten Studentenwerks Geschäftsführer Oliver Schill und die Bewohner des Wohnprojekts in der Ludwigsstraße den Kaufvertrag. Damit ist das ehemals besetzte Haus nun fest in der Hand der von den Bewohnerinnen und Bewohnern gegründete „LUtopia GmbH“.
Das ehemalige Offiziersgebäude der französischen Armee war zwar ab 1989 in der Hand des Studentenwerkes, gehörte aber faktisch den Bewohnern.
Nun muss es noch nach neuen ökologischen Richtlinien saniert werden, wobei die Bewohner selbst Hand anlegen, um die Kosten zu drücken, und dann gibt es hoffentlich erst einmal keine Sorgen für die LU15.
Berliner Rektoren unterstützen Bildungsproteste
Die Studierendenvertreter der Berliner Hochschulen begrüßen die Unterstützung durch die Berliner Rektoren für den Bildungsstreik im Juni 2009. Gleichzeitig bleiben sie aber auch auf Distanz. Vor allem zu Dieter Lenzen, dem Direktor der FU, der auch Mitarbeiter in der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ und einer der führenden Vertreter der Vermarktwirtschaftlichung des deutschen Bildungssystems auf seiten der deutschen Rektoren ist.
FU-Präsident Dieter Lenzen hat in der Sitzung des akademischen Senats vom 27.5. seine Unterstützung des Bildunsgsstreiks vom 15-19.Juni ausgesprochen. Ob Studierende und MitarbeiterInnen für die Demonstration am 17.Juni freigestellt werden können, wird derzeit geprüft. Die Studierendenvertreter der Berliner Hochschulen begrüßen dieses Signal. Sie sehen die Unterstützung im Verhandlungsstopp um die Hochschulverträge begründet. Während die Hochschulen aufgrund gestiegener Kosten eine Etat-Aufstockung um 20 Prozent für den Erhalt des derzeitigen Leistungsangebots fordern, stellt der Berliner Finanzsenator lediglich einen Inflationsausgleich von 1,3 Prozent in Aussicht, was eine Realkürzung bedeuten würde mit einhergehendem massivem Stellen- und Studienplatzabbau.
‚Wir begrüßen diesen Schritt der LHRK nachdrücklich und teilen ihre Forderung nach zusätzlichen 180 Millionen Euro zur Aufrechterhaltung des Status Quo an den Hochschulen,‘ erklärt Patrick Schukalla vom Hochschulreferat des AStA FU, ‚Vereinnahmen lassen werden wir uns dadurch jedoch nicht. Unser Protest richtet sich ausdrücklich auch gegen das Präsidium der FU und ihre Politik der Entdemokratisierung, der Ökonomisierung von Bildung und der Neoliberalisierung der Hochschule. Einen Burgfrieden gegen den Senat wird es nicht geben.‘
Johanna Strass vom Hochschulreferat begründet: ‚Dieter Lenzen engagiert sich in der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, einem Lobby-Verband, welcher Deregulierung, Steuersenkung und Privatisierung preist. Wer erst den Staat trockenlegen will und sich dann empört, dass kein Geld für Bildung da ist, macht sich unglaubwürdig. Dieter Lenzen ist daher kein sinnvoller Repräsentant der FU bei den Verhandlungen um die Hochschulverträge.'“
RACT Festival geht in die dritte Runde
Am 12 und 13 Juni findet erneut das größte politische Umsonst-und-Draußen Festival am Tübinger Anlagensee statt.
Das vielfältige Programm aus Workshops, Diskussionen und Vorträgen dreht sich diesmal rund um das Thema „Armut und Grundbedürfnisse“. Es wird von unterschiedlichster Musik auf drei Bühnen begleitet.
Das Festival regt junge und Jungebliebene dazu an, ihre Umgebung aktiv mitzugestalten und an einem großen Ganzen mitzuwirken. Die Veranstaltung soll vermitteln: Demokratie lebt davon, dass man mitmischt.
Interessierte können sich auf www.ract-festival.de informieren. Mithelfende sind willkommen.