Sendung am 10.08.
Erstausstrahlung: 10.08.
Wiederholung: 17.08.
Bildungsnachrichten
1. Erfolg für Kita-Streik
Am Montag, den 27.07.2009 haben sich die kommunalen Arbeitgeber und die Gewerkschaften vorerst geeinigt. Es ging bei der zurückliegenden, lange andauernden Tarifauseinandersetzung nicht nur um eine Gehaltserhöhung, sondern auch um die tarifliche Neueinstufung des Tätigkeitsfeldes der Erzieherinnen und Erzieher. Heiner Dribbusch, Tarifexperte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung erklärte, es sei allgemein anerkannt, dass die Erzieherinnen während des Übergangs vom alten Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) zum neuen TVöD zu niedrig eingruppiert wurden. Die Berufsgruppe bestehe noch immer überwiegend aus Frauen und typische Frauenberufe seien schon im BAT zu niedrig eingruppiert worden. Nun gibt es eine neue Tarifmatrix, die aus 16 Entgeltgruppen mit jeweils sechs Stufen besteht. Das macht das neue Modell erst mal kompliziert. jetzt geht es ans einsortieren und rechnen. Verallgemeinert ausgedrückt bedeutet die neue Eingruppierung 100 bis 150 € mehr für die Beschäftigten. Die Neuregelung soll am 1. November in Kraft treten. Die Urabstimmung der Beschäftigten steht aber noch aus. Tübingen rechnet dabei bei einem Durchschnitt von 150 € für die ca. 480 Beschäftigten mit Mehrkosten von über einer Million. Was die Erzieherinnen und Erzieher aber letztendlich auch auf die Straße getrieben haben dürfte, war die Überlastung, unter der viele leiden. Jetzt soll es einen Rechtsanspruch auf eine Gefährdungsanalyse für jeden Arbeitsplatz geben. Außerdem sind betriebliche Kommissionen dafür vorgesehen. Ob der Gesundheit der Betroffenen damit geholfen ist, muß sich noch erweisen…
2. Zurück in die Zukunft mit Beauftragten zur Bildung von Großfakultäten
Sie ist identisch mit der Struktur der Universität Tübingen im 19. Jahrhundert: Die angestrebte Fakultätsneuordnung mit ihren dann wieder verbleibenden Fakultäten Evangelische und katholische Theologie, Jura, Medizin, Mathematik-Naturwissenschaften, Philosophie und Gesellschafts-und Wirtschaftswissenschaften. Mit einem Unterschied: die Gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, die jetzt angestrebt werden soll hieß 1870 noch Staatswirtschaftliche Fakultät. Die richtig konservativen Professoren waren schon immer der Meinung, der Ausbau der Universitäten während der Bildungsexpansion in den 60er und 70er Jahren mit Fakultäten wie Sozial-und Verhaltens- oder auch Kulturwissenschaften sei unnötig. Was die Konservativen bisher nicht geschafft haben, schaffen Effizienzbestrebungen und das Beschwören von Synergieeffekten. So wurden nun in einem ersten Schritt Beauftragte für die Zusammenführung verschiedenster Fächer und Fakultäten zu drei Großfakultäten neben Theologie, Jura und Medizin gewählt. Die zukünftige „Philosophische Fakultät“ soll verschiedene kulturwissenschaftliche Fächer, Geschichte, Neuphilologie und Philosophie umfassen. Fusionsbeauftragter wird der lateinische Philologe Prof. Dr. Jürgen Leonhardt. Die zukünftige Mathematisch-naturwissenschaftliche soll Mathe und viele naturwissenschaftliche Fächer bündeln. Zusätzlich integriert werden dort die Geowissenschaften und die Pharmazie. Fusionsbeauftragter wird der Informatiker Prof. Dr. Wolfgang Rosenstiel. Die Fusion der Wirtschaftswissenschaften mit verschiedenen Sozial-und Verhaltenswissenschaftlichen Fächern soll die Gesellschafts- und wirtschaftswissenschaftliche Fakultät bilden. Fusionsbeauftragter wird der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Bohnenberger. Von diesem Fusions-Prozess unangegriffen bleiben wie immer traditionelle Fakultäten wie z.B. die theologischen Fakultäten mit ihren Bestandsverträgen zwischen Kirche und Staat. Oder auch die Lieblingsfakultät der Hochschulverwaltungsjuristen – die Juristische Fakultät.
Der Fusionsprozess lässt für kleine Fächer, die in noch größere Fakultäten mit noch größeren Fächern gepresst werden nichts gutes erwarten. Schon in den vorangegangenen Fakultäten der Kultur- oder der Sozial- und Verhaltenswissenschaften wurde von den großen Fächern aus versucht die Kleinen auszuschlachten um dringend fehlende Stellen für den Überlastbetrieb zu organisieren. Durch noch größere Fakultäten mit noch stärkeren Fächern haben die kleinen Fächer noch geringere Chancen. Das sieht man schon an der Wahl der Fusionsbeauftragten. Sie kommen durch die Bank aus den größten bzw. sehr dominanten Verbünden, bzw. Fächern innerhalb der neuen Fakultätskonstrukte (Neuphilologie, Informatik als die Zukunftswissenschaft und Wirtschaftswissenschaft). Die Entwicklung geht also auch in Tübingen weg von der Volluniversität mit einer großen Auswahl auch an Orchideenfächern.
Quelle zur Uni-Struktur im 19. Jahrhundert. http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6475/pdf/Paletschek_Von_der_Aera_Napoleon.pdf
3. StudiVZ und der Datenschutz
StudiVZ und seine Ableger SchülerVZ und MeinVZ wollen sich mit einem Datenschutzkodex einen Imagevorteil verschaffen. Während der Trend im Internet eher in eine andere Richtung geht, hofft die Berliner Betreiber Firma von StudiVZ, durch die Selbstverpflichtung neue Kunden zu gewinnen. Die Betreiberfirma ist im Besitz der Holtzbrinck-AG. Grundprinzip von solchen sozialen Netzwerken wie StudiVZ im Internet ist mit personalisierter Werbung Geld zu verdienen. In dem die Nutzer persönliche Daten ins Netz stellen, liefern sie selbst die Informationen zur Erstellung von persönlich abgestimmten Werbeangeboten.
Zum neuen Kodex gehören unter anderem folgende Selbstverpflichtungen: An Werbepartner sollen in Zukunft keine persönlichen Informationen übermittelt werden. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen jederzeit die Möglichkeit haben Daten zu löschen. Der Anschluss an Suchmaschinen wie Google sei grundsätzlich nicht gegeben so StudiVZ. Weitere Informationen über den neuen Datenschutzkodex gibt’s bei StudiVZ. Inwieweit das Ganze Werbetrick ist und nachhaltig durchgezogen wird muss abgewartet werden. Ein gutes Zeichen ist, dass StudiVZ den Kodex durch die strengen LandesdatenschützerInnen in Schleswig Holstein evaluieren lassen möchte.
4. Frauen bekommen nicht weniger Kinder, sondern immer weniger Frauen bekommen überhaupt Kinder
Nach einer aktuellen Sonderstudie des Statistischen Bundesamts im Rahmen des Mikrozensus bleiben in Deutschland immer mehr Frauen kinderlos. Deutlich wird dabei, dass nicht die Frauen, die Kinder bekommen, deutlich weniger Kinder bekommen als früher. Viel stärker fällt auf, dass viele Frauen überhaupt keine Kinder mehr bekommen, bzw. Kinderlos bleiben. Am weitesten verbreitet ist die Kinderlosigkeit bei Akademikerinnen im Alter zwischen 40 und 75 Jahren. Es zählen natürlich auch die Kinder die diese Frauengruppe bekommen hat bevor sie das 40. Lebensjahr erreicht haben. Sie bleibt mit 26 % über dem Durchschnitt aller deutschen Frauen. Ostdeutsche Akademikerinnen entscheiden sich deutlich häufiger für Nachwuchs. Nur 9 % von ihnen bleiben kinderlos. Insgesamt entscheiden sich im Osten mehr Frauen für Kinder. Auch Frauen mit Migrationserfahrung entscheiden sich öfters fürs Kinder kriegen. Panikquoten von 40 % kinderlosen Akademikerinnen die das Statistische Bundesamt noch vor wenigen Jahren behauptet hatte, hat es damit selbst wiederlegt. Es drängen sich wichtige Fragen in Bezug auf das vorschulische Bildungssystem auf: Woher kommen die Unterschiede? In der DDR war es durch die gute Betreuungsquote viel normaler für Frauen berufstätig und Mutter zu sein. Auch heute sind die Betreuungsquoten im Osten besser. Das könnte eine Erklärung für die Ost-West-Unterschiede sein. Volles Engagement in einem anspruchsvollen akademischen Beruf und gleichzeitiges Mutter sein, wird im Westen wohl noch nicht so gerne gesehen.