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„Der Reaktion ins Bier spucken” – Aktionstage gegen den 10. Deutschen Akademikertag des CDA/CDK

1. November 2010

Sexismus, elitäres und rechtes Denken, autoritäre Denkmuster und viele weitere Punkte geben Anlass zu Kritik an studentischen (und auch Schüler-) Verbindungen.

Deshalb soll der 10. Deutsche Akademikertag des „Convent Deutscher Corporationsverbände“ und des „Convent Deutscher Akademikerverbände“ am kommenden Wochenende in Frankfurt (Main) nicht unkommentiert/unwidersprochen über die Bühne gehen.

Am 03., 05. und 06. November wird es in Frankfurt und Darmstadt Gegenveranstaltungen gegen den Akademikertag geben. Wir dokumentieren an dieser Stelle den Aufruf mit dem Titel: „Der Reaktion ins Bier spucken – Aktionstage gegen den 10. Deutschen Akademikertag des CDA/CDK“

Aufruf

Der Reaktion ins Bier spucken. Verbindungen auflösen. Für ein selbstbestimmtes Leben.

Vom 5.–7. No­vem­ber 2010 rich­ten der Con­vent deut­scher Kor­po­ra­ti­ons­ver­bän­de (CDK), in dem Ver­bin­dungs­stu­den­ten or­ga­ni­siert und der Con­vent deut­scher Aka­de­mi­ker­ver­bän­de (CDA), in dem Alte Her­ren or­ga­ni­siert sind, ihre Herbst­con­ven­te und den 10. Aka­de­mi­ker­tag in Frank­furt am Main aus. Die Stadt Frank­furt sieht kein Pro­blem darin, den re­ak­tio­nä­ren Kräf­ten vom CDA/CDK zum Emp­fang in den Römer zu laden. An die­sem Wo­chen­en­de und dar­über hin­aus wol­len wir der Or­ga­ni­sie­rung und Ze­le­brie­rung an­ti­eman­zi­pa­to­ri­scher Ein­stel­lun­gen und Hand­lun­gen ent­schie­den ent­ge­gen tre­ten!

Der CDA ist der größ­te bun­des­deut­sche Zu­sam­men­schluss von Dach­ver­bän­den der Alt­her­ren­schaf­ten. Er ver­steht sich als Ar­beits­ge­mein­schaft, in der 13 Ver­bän­de mit ca. 500 Alt­her­ren­schaf­ten mit rund 40.000 aka­de­mi­schen Mit­glie­dern or­ga­ni­siert sind. Der CDK ist das ver­bin­dungs­stu­den­ti­sche Pen­dant dazu.

Die so ge­nann­te Mitte der Ge­sell­schaft stößt sich zu­meist nur am „rech­ten Rand“ des Ver­bin­dungs­we­sens. Bur­schen­schaf­ten ste­hen schon seit ihrer Grün­dung 1815 für völ­ki­schen Na­tio­na­lis­mus unter dem Motto „Ehre, Frei­heit, Va­ter­land“. Auch An­ti­se­mi­tis­mus und Ras­sis­mus ge­hör­ten schon zu die­ser Zeit zum geis­ti­gen Re­per­toire der Ver­bin­dungs­stu­den­ten. 1920 nahm die Deut­sche Bur­schen­schaft (DB), mit den „Ei­se­nach­er Be­schlüs­sen“ das Ras­sen­ge­setz der Na­tio­nal­so­zia­lis­ten vor­weg. Sie war ak­ti­ver Weg­be­rei­ter des Na­tio­nal­so­zia­lis­mus und kei­nes­wegs Opfer, wie es gerne von Ver­bin­dungs­sei­te be­haup­tet wird. Auch heute darf nicht über­se­hen wer­den, dass sich ge­ra­de in der im CDK or­ga­ni­sier­ten DB Kräf­te be­fin­den, die offen neo­na­zis­ti­sches Ge­dan­ken­gut tei­len. So strebt zum Bei­spiel die darin or­ga­ni­sier­te ‚Bur­schen­schaft­li­che Ge­mein­schaft‘ eine Re­vi­si­on der Gren­zen der BRD an. Die Ein­ver­lei­bung von Tei­len Po­lens ist er­klär­tes Ziel. Man­che ihrer Mit­glieds­ver­bän­de laden zudem des öf­te­ren Ho­lo­caust­leug­ner, Ge­schichts­re­vi­sio­nis­ten, sowie NPD-Mit­glie­der zu Vor­trä­gen ein. Doch nicht nur das gilt es an Ver­bin­dun­gen zu kri­ti­sie­ren:

Le­bens­bund & Se­xis­mus

Allen Ver­bin­dun­gen ge­mein­sam ist das Le­bens­bund­prin­zip. Ein frei­wil­li­ger Aus­tritt ist also nicht vor­ge­se­hen, viel­mehr müs­sen sich die ein­zel­nen Mit­glie­der dau­er­haft den je­wei­li­gen Prin­zi­pi­en der Kor­po­ra­ti­on ver­pflich­ten. Le­bens­bund­prin­zip und ver­bin­dungs­stu­den­ti­scher Ha­bi­tus ste­hen für Au­to­ri­täts­fi­xie­rung und un­hin­ter­frag­ten Ge­hor­sam. Dem neuen Mit­glied („Fuchs“) wer­den Tra­di­ti­on, Werte und Re­gel­werk einer Ver­bin­dung und eines Dach­ver­ban­des an­er­zo­gen, eine Er­zie­hung zur Un­mün­dig­keit. So be­rich­tet ein ehe­ma­li­ger Ver­bin­dungs­stu­dent: “Be­fehl und Ge­hor­sam, dafür An­er­ken­nung durch die Ge­mein­schaft, ist der Grund­ge­dan­ke des kor­po­rier­ten Zwangs­sys­tems, dem sich der Kor­po­rier­te zu fügen hat und den er ohne zu hin­ter­fra­gen ver­in­ner­li­chen muss.”

Auch die ge­rin­ge An­zahl an Kor­po­ra­tio­nen, die sich für Frau­en ge­öff­net und die Da­men­ver­bin­dun­gen, die sich ge­grün­det haben, blei­ben der Logik des Ver­bin­dungs­we­sens ver­haf­tet. Vor­herr­schend in kor­po­rier­ten Krei­sen ist wei­ter­hin ein tra­di­tio­nell kon­ser­va­ti­ves, an­ti­fe­mi­nis­ti­sches und somit an­ti­eman­zi­pa­to­ri­sches Welt­bild. Selbst­ver­ständ­lich gibt es in die­sem bi­nä­ren Sys­tem der Ge­schlecht­lich­keit kei­nen Platz für Men­schen, die die­sen Rol­len­bil­dern nicht ent­spre­chen kön­nen oder wol­len oder einen an­de­ren Le­bens­ent­wurf haben.

Elite & Na­ti­on

Bis heute er­he­ben Stu­den­ten­ver­bin­dun­gen den An­spruch, die ge­sell­schaft­li­che Elite zu bil­den. Ihnen falle die Auf­ga­be und Ver­pflich­tung zu, wer­te­be­wusst Ver­ant­wor­tung in Füh­rungs­po­si­tio­nen zu über­neh­men. Zen­tral für den Eli­te­ge­dan­ken, der ein grund­le­gen­des Ele­ment ver­bin­dungs­stu­den­ti­schen Den­kens dar­stellt, ist die Idee, dass Men­schen auf­grund be­stimm­ter bio­lo­gi­sier­ter oder so­zia­ler “Vor­aus­set­zun­gen”, sowie eines von ihnen ge­tra­ge­nen Wer­te­sys­tems dazu be­stimmt sind, die Ge­sell­schaft in po­li­ti­scher und öko­no­mi­scher Hin­sicht zu len­ken. Sol­che Werte sind bei­spiels­wei­se Mut, Dis­zi­plin, Ge­rad­li­nig­keit, Tra­di­ti­ons­be­wusst­sein, Va­ter­lands­lie­be, Treue, Eh­ren­haf­tig­keit, Pflicht­be­wusst­sein oder Fa­mi­lie. „Ge­ra­de in Zei­ten gro­ßer Her­aus­for­de­run­gen wächst all­ge­mein ein tie­fes Be­dürf­nis nach Füh­rung, nach Ori­en­tie­rung. Wer soll denn den Stand­ort Deutsch­land für für die Zu­kunft ma­chen, wenn nicht seine Eli­ten?“ Mit die­ser Ein­schät­zung liegt E. von Ku­en­heim, Alter Herr der Teu­to­nia und BMW Vor­stands­vor­sit­zen­der bis 1993, im bun­des­deut­schen Trend. Der Ruf nach Eli­ten, die die lei­ten­de Ver­ant­wor­tung über­neh­men, wird lau­ter, ge­ziel­te Eli­ten­för­de­rung, rea­li­siert unter an­de­rem durch Ex­zel­lenz­in­itia­ti­ven an Unis oder der enor­men Er­hö­hung ein­kom­mens­un­ab­hän­gi­ger Sti­pen­di­en, trägt ihren Teil zu einer Ver­fes­ti­gung der Durch­hier­ar­chi­sie­rung der Ge­sell­schaft bei.

Der au­to­ri­tä­ren und von Herr­schafts­me­cha­nis­men durch­zo­ge­nen, se­xis­ti­schen Le­bens­welt der Ver­bin­dun­gen wol­len wir am 6. No­vem­ber einen ge­hö­ri­gen Schmiss ver­pas­sen und die Uto­pie einer be­frei­ten Ge­sell­schaft ent­ge­gen­set­zen, in der die freie Ent­wick­lung des Ein­zel­nen die Vor­aus­set­zung für die freie Ent­wick­lung aller ist.

In diesem Sinne: Den Burschen ins Bier spucken, Verbindungen kappen!

Weitere Infos findet Ihr unter: http://derreaktioninsbierspucken.blogsport.de/

Allgemeine Informationen und weitere Links zum Thema Studentenverbindungen findet ihr in unserer Sendung zum Thema studentische Verbindungen vom 11. Oktober 2010.

Moderation

Für Euch im Studio:

12.05. Julia Reuter & Florentine Fendrich
19.05. Fabian Everding & Markus Jaggo
26.05. Julia Reuter & Florentine Fendrich
02.06. Tobias Kaphegyi

Immer live Montags um 17 Uhr.
Donnerstags hört Ihr die Wiederholung um 11 Uhr.

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